Das Konzept des lernenden Stahlwerks: Aus Daten einen Mehrwert generieren

Das Lernende Stahlwerk hat ein Ziel: Mithilfe von Daten soll eine möglichst nachhaltige und ressourcenschonende Produktion ermöglicht werden. Software greift die Daten eines Werks ab, verwandelt sie in Informationen und schließlich mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in Mehrwert. Auf diese Weise werden wichtige Erkenntnisse für die Umsetzung in der Praxis gewonnen – so werden Kosten und Ressourcen gespart. Prädiktive Algorithmen helfen dabei, den Zustand einer Anlage zu erfassen, die Produktqualität vorherzusagen, Produktionsrouten umzuleiten und Stillstandszeiten zu minimieren. Unternehmen benötigen also Lösungen, die große Datenmengen verarbeiten und in Echtzeit analysieren, um neue Zusammenhänge zu erkennen. Im Zeitalter der Digitalisierung und Industrie 4.0 gilt es, maximale Leistung aus Anlagen und Prozessrouten herauszuholen. Aber wie bringt man die enormen Datenmengen zunächst in eine geordnete Struktur?

Die Aufbereitung der Daten erfolgt durch Experten

Ein wichtiger Bestandteil, um einen Mehrwert für ein Unternehmen zu schaffen, sind die Advanced-Analytics-Teams, die aus Data Engineers und Data Scientists bestehen. Ein großer Teil ihrer Arbeit entfällt oft auf Data-Engineering-Aufgaben, um die Daten aus verschiedenen Datenquellen zu sammeln, zu bereinigen und in ein konsumierbares Format zu bringen. Das eigentliche Problem, das es zu lösen gilt, verliert gegenüber der immer wieder anfallenden Boilerplate-Arbeit (Arbeit, die in unveränderter Form wiederholt wird) an Bedeutung. In vielen Fällen ist es nur mithilfe der Automatisierungsexperten möglich, die vorhandenen Daten zu selektieren und zu verstehen. Das liegt daran, dass die Systeme der Operational Technology (OT) ihre Daten in einem Format speichern, das ihren eigenen Anforderungen entspricht, nicht aber dem Zweck der Analyse und Zusammenführung mit anderen Datenquellen. Eine fehlende Dokumentation der Datenquellen stellt eine zusätzliche Hürde für die Nutzung der Daten dar. Je nach der zu lösenden Aufgabe müssen die Daten in unterschiedlichen Formaten vorliegen. Die Daten werden typischerweise aus einer Zustands-, Qualitäts- und Planungsperspektive betrachtet. Für die Instandhaltungssicht werden die Daten oft anhand bestimmter Zeitpunkte abgefragt. Die Daten müssen also über einen gewünschten Zeitraum adressierbar und auswählbar sein.

Hier kommt Genealogie zum Einsatz

Qualitätsingenieure richten einen starken Fokus auf das Produkt. Sie verfolgen das Material über die verschiedenen Zwischenschritte der Prozessroute. Das Problem der Datensilos ist nur eine der Herausforderungen, die es hier zu bewältigen gilt. Eine weitere ist die Erfassung der Veränderungen des Metalls während des Produktionsprozesses. Metall wird von der Flüssigphase in einen festen Zustand überführt. Brammen, Vorblöcke und Knüppel verändern mit jedem Walzdurchgang ihre geometrische Form und Abmessung. Coils werden quergeteilt, geschweißt und gewalzt. Dies macht es nahezu unmöglich, Ursachen für Produktfehler in die vorgelagerten Verarbeitungsschritte zu verfolgen. Genealogie ist der Begriff für diese Eltern-Kind-Beziehungen des Materials und ist eine Schlüsselinformation, die es ermöglicht, die Qualität über Linien hinweg zu verfolgen.

Innerhalb einer Plattform wie der SMS DataFactory erleichtert die Genealogie die Identifikation der Daten und wie diese zu transformieren sind. Data Analysts können die Daten sofort nutzen und jedes verfügbare Signal entlang der Prozessroute auswählen. Die SMS DataFactory stellt sicher, dass alle verfügbaren Sensor- und Zeitreihendaten mit minimalen Fehlern an ihre Position auf der Bramme, dem Vorblock, dem Knüppel, dem Coil, dem Rohr oder dem Draht gemappt werden, sofern dies nicht bereits vom Automatisierungssystem durchgeführt wurde. Dies bietet einen neuen Einblick in die Umformung und ermöglicht die linienübergreifende Analyse der Halbzeuge innerhalb kürzester Zeit.

Für Planungszwecke müssen die Zustands- und Qualitätsdaten berücksichtigt werden, damit die Systeme entscheiden können, ob bestimmte Produkte mit dem aktuellen Stand des Eingangsmaterials und der Instandhaltung produziert werden können.

Technologie- trifft auf Domain-Knowhow

Daten in entsprechender Form zur Verfügung zu haben, ermöglicht es dem lernenden Stahlwerk, diese zu analysieren und über IT-Systeme zu verarbeiten. Anschließend werden die Daten durch Metadaten angereichert: sie werden auffindbar und ihnen wird eine Bedeutung zugeschrieben. Hier gilt es nun, Technologie-Knowhow mit Domain-Knowhow zu verbinden. Innerhalb der SMS DataFactory ermöglicht das Data Dictionary den Data Analysts tiefe Einblicke in die verfügbaren Daten durch miteinander verknüpfte Datenelemente auf Basis ihrer Herkunft, ihres Zwecks und ihres Typs. So gibt das Data Dictionary Aufschluss etwa über den domänenspezifischen Zusammenhang der Wechselwirkung zwischen Kokillenfüllstand und Stopfenstangenposition in der Stranggussmaschine. Darüber hinaus ist es entscheidend, zwischen den berechneten Soll- und Istwerten einer physikalischen Größe zu unterscheiden. Ein standardisiertes Benennungsschema unterstützt diese Unterschiede zusätzlich, unabhängig von den verschiedenen Benennungsschemata, die von verschiedenen Anbietern angeboten werden und in einem Stahlwerk zu finden sind. Die filterbare Volltextsuche eines Data Dictionarys verkürzt die Zeit, die benötigt wird, um aus Zehntausenden von Daten die passenden Informationen zu finden. So können Data Analysts schnellere Ergebnisse zur erfolgreichen Realisierung des lernenden Stahlwerks erzielen.

Der Bedarf an einer übergreifenden Datenplattform, die die Sprache der Metallindustrie spricht, war noch nie so groß wie heute. Sie ermöglicht einen einheitlichen Zugriff auf Prozess-, Produktions-, Qualitäts-, Planungs- und Instandhaltungsdaten. Die SMS DataFactory geht die genannten Probleme an, indem sie einen homogenisierten und standardisierten Datenzugriff für Data Scientists, Algorithmen und andere Datenkonsumenten kombiniert. Das macht sie zu einem der vielen wichtigen Enabler der Industrie-4.0-Revolution.