Im Jahr 1871 gründet Carl Eberhard Weiss eine Werkzeugfabrik in Siegen. Der in der Nähe von Stuttgart geborene Schmied ist damals 30 Jahre alt und lebt erst seit sieben Jahren in der Stadt. Was ihn dorthin geführt hat? Wir wissen es nicht. Aber die Region um Siegen war in dieser Zeit ein Zentrum der Stahlindustrie und des Bergbaus in Deutschland. Anfangs fertigt Weiss für die dort ansässigen Unternehmen verschiedenste Geräte, Werkzeuge, Maschinen und kleinere Fahrzeuge.

Doch man wächst schnell, hat bald die namhaften Unternehmen der Region als Kunden und beliefert früh auch Firmen außerhalb Deutschlands. Vor allem seine Söhne Carl und Ernst Heinrich Weiss forcieren das Wachstum auch durch die Übernahme anderer Firmen in der Region. So steigt man 1927 in den zukunftsträchtigen Bau von Walzwerken ein und verlegt die Zentrale von Siegen nach Hilchenbach. In den 1930er Jahren übernimmt die dritte Generation das Ruder. Bernhard Weiss gibt dem Unternehmen einen Namen, unter dessen Kurzform man es im Siegerland heute noch kennt: Siemag.

Carl Eberhard Weiss (ganz links) und die Mitarbeiter seines Unternehmens um 1896
Der Standort in Hilchenbach um 1890. Damals gehörte die Fabrik zur Maschinenfabrik Klein.
Ein typisches Produkt aus dem Jahr 1895: ein schienengebundener Pfannenwagen.
Der Standort Hilchenbach 1927
Montagehalle bei der Siemag
Siemag Quarto-Kaltwalzgerüst (1934)
Das Verwaltungsgebäude der Siemag steht noch heute auf dem Werksgelände in Hilchenbach.

Wurzeln in Luxembourg, Mönchengladbach und Düsseldorf

Carl Eberhard Weiss ist nicht der einzige Jungunternehmer in dieser Zeit. Bereits 1870 gründet ein Mann namens Eugène Muller in Luxembourg eine Kesselfabrik. 20 Jahre später übernimmt ein tatkräftiger Ingenieur das Unternehmen. Sein Name: Paul Wurth. Die Firma spezialisiert sich zunächst auf den Brückenbau. In den 1950er Jahren erschließt man ein neues Geschäftsfeld: den Bau von Hochöfen.

In Mönchengladbach gründen 1872 die Brüder Michael und Peter Meer eine Maschinenfabrik und Eisengießerei. Zunächst fertigt das Unternehmen Kompressoren, Pumpen und Dampfmaschinen, aber bald gehören auch Nahtlos-Rohrwalzwerke zum Lieferprogramm. 1926 übernimmt der Mannesmann-Konzern die Firma und benennt sie in Maschinenfabrik Meer um.

1901 beginnt in Düsseldorf die Geschichte von „Schloemann“. Der Gründer Eduard Schloemann war damals schon 61 Jahren alt. Anders als die Firmen von Weiss, Paul Wurth oder der Brüder Meer ist „Schloemann“ ein reines Konstruktionsbüro ohne eigene Fertigung. Man spezialisiert sich früh auf den Pressen- und Walzwerksbau und wird in den 1920er Jahren Teil des deutschen Maschinenbauunternehmens MAN.

Paul Wurth (1863-1945) war ein Pionier der Luxemburger Industrie.
Werkstätten und Büros von Paul Wurth um 1920
Der erste komplett von Paul Wurth gelieferte Hochofen in Seraing, Belgien (1954).
Peter and Michael Meer. Peter Meer war Schmied und zuständig für die technische Seite des Unternehmens, sein Bruder Michael für die kaufmännischen Fragen.
1902 präsentierte die "Gebr. Meer Maschinenfabrik" ihre Produkte auf der großen Industrie- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf.
Aktie der Maschinenfabrik Meer (1926)
Ein sog. Diescher-Walzgerüst der Meer.
Eduard Schloemann lebte von 1840 bis 1914
Werbung für eine hydraulische Schloemann-Schmiedepresse im Jahr 1920
Das sogenannten Schloemannhaus in der Düsseldorfer Innenstadt war bis in die 1980er Jahre die Zentrale von Schloemann (um 1930)
Konstrukteure bei Schloemann in den 1950er Jahren

Weltmarktführer mit 3 Buchstaben: SMS

Der Name SMS erblickt 1973 die Welt, als Siemag und Schloemann sich zur Schloemann-Siemag AG zusammenschließen. Oder kurz: SMS. Heinrich Weiss, dem Ur-Enkel von Carl Eberhard Weiss, ist damals klar, dass die Siemag allein international nicht konkurrenzfähig sein würde. Und setzt den Wachstumskurs auch in den folgenden Jahren fort. 1999 kommt die „Meer“ dazu. Sie war Teil der Metallurgiesparte von Mannesmann und ist zukünftig vor allem für Lang- und Schmiedeprodukte zuständig. Zum Komplettanbieter fehlt jetzt nur noch die Eisenerzeugung. Diese Lücke schließt man ab 2012 und übernimmt nach und nach die Anteile an Paul Wurth.

Das war – ganz in Kürze – die Geschichte des Unternehmens SMS. Es fehlen in dieser Geschichte viele klangvolle Marken, die im Lauf der Zeit durch Fusionen und Übernahmen hinzugekommen sind wie Concast, Demag, Eumuco, Hasenclever, Mevac oder Sack. Und es ist eine fast rein deutsche Geschichte, ohne die internationalen Unternehmen und Standorte, die uns heute genauso ausmachen. Um diese Geschichte wird es in Teil 2 unserer Serie gehen.

SMS group in Hilchenbach, 1973
1985 zog SMS in Düsseldorf in ein neues Gebäude in der Eduard-Schloemann-Straße.
Der Standort Mönchengladbach im Jahr 1972
Nach der Fusion im Jahr 1999 entstanden SMS Demag (später SMS Siemag) und SMS Meer ...
... und beide Unternehmen nutzten das SMS-Logo, intern "Badehose" genannt.