Welche Beratungsleistungen bieten Sie an und mit welchen konkreten Problemstellungen kommen Kunden auf Sie zu?

Boris Feige:
Kunden kontaktieren uns mit einer weiten Bandbreite an Problemstellungen. Diese reichen von Qualitätsproblemen in der Produktion über die Einführung neuer Stahlgüten und der Dekabonisierung bis hin zur Entwicklung von Digitalisierungsstrategien und deren Umsetzung in konkreten Anwendungsfällen. Der Zugriff auf das breite Know-how der SMS group ermöglicht eine Unterstützung in nahezu allen Bereichen der Stahlerzeugung. Unser Fokus liegt dabei aber klar auf produktionsnahen Problem- und Fragestellungen unserer Kunden.

Thomas Hüper:
Hier sehen wir eine große Stärke der SMS group. Wir decken mit unserer Expertise den gesamten Produktionsprozess ab – von der Roheisenerzeugung über die Kalt- und Warmformgebung bis zur Oberflächenveredelung. Bedarfsgerecht integrieren wir dabei Experten mit unterschiedlichen Kompetenzen. So kann es sein, dass in Projekten Metallurgen mit Operations- und Instandhaltungsexperten an der Optimierung der „Tap to tap time“, also der Zeit zwischen zwei Abstichen eines Elektrolichtbogenofens arbeiten. Wir setzen die Teams dabei individuell und nach der spezifischen Fragestellung des Kunden ein.

Warum fokussiert die SMS group als Maschinen- und Anlagenbauer das Beratungsgeschäft?

Boris Feige:
Die SMS group ist schon lange kein reiner Maschinen- und Anlagenbauer mehr. Das wachsende Service-Geschäft und unsere Aktivitäten im Bereich Digitalisierung bestätigen diese Entwicklung und gewinnen zunehmend an Relevanz. Die SMS group versteht sich als Lösungsanbieter, die nah an den konkreten Herausforderungen des Kunden agiert.

Thomas Hüper:
Und genau dazu gehört neben dem Anlagenverkauf sowie der Versorgung mit Ersatzteilen und Instandhaltungsleistungen eben auch die gemeinsame Bearbeitung von gänzlich unterschiedlichen und kundenspezifischen Fragestellungen. Schließlich endet die Kundeninteraktion nicht mit einer erfolgreichen Inbetriebnahme. Sie beginnt für das Beratungsteam sogar oftmals erst an diesem Punkt. Wir wollen über den gesamten Lebenszyklus unserer Anlagen ein verlässlicher Partner für unsere Kunden sein und gemeinsam mit ihm an der Optimierung seiner relevanten Produktionskennzahlen arbeiten.

Können Sie dazu einige konkrete Beispiele nennen?

Thomas Hüper:
Wir wurden von einem Kunden angesprochen, der mit Qualitätsabwertungen seiner kontinuierlichen Galvanisierungslinie zu kämpfen hat. Zunehmend verzeichnet er sogenannte „dross pimples“ und „black spots“ als Oberflächenfehler, deren Ursachen für den Kunden und sein Team nicht identifizierbar waren. Wir formierten umgehend ein Team, bestehend aus einem Qualitätsexperten für Galvanisierungsanlagen sowie einem Automatisierungsspezialisten. Innerhalb von zwei Wochen waren sie zur Untersuchung vor Ort, begleiteten die Produktion, mikroskopierten Proben und inspizierten während eines geplanten Stillstandes die Anlage. Die Ursachenanalyse ergab eine Reihe sich verstärkender Effekte, etwa die Beschädigungen des kaltgewalzten Vormaterials durch Relativbewegungen des Bandes und der Walzen. Neben der Ursachenanalyse konnten in der Folge konkrete Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, die zu einer Reduktion der Fehler führte.

Die fehlerfreie Oberfläche ist entscheidend für die Produktqualität

Boris Feige:
Ein weiteres interessantes Beispiel ist die Analyse der Intralogistik im Bereich der Warmwalzstraße, der nachfolgenden Beizanlagen und der zugehörigen Coil-Lager. Untersucht wurden logistische Knotenpunkte entlang der Wertschöpfung und zugehörige Schwachstellen, die einen direkten Einfluss auf die logistischen Kenngrößen, Termintreue, Durchlaufzeit, Bestand und Auslastung haben. Größter Einflussfaktor war die Streuung der Durchlaufzeiten, die erhebliche Bestände bindet. Ebenfalls konnten für eine Steigerung des zukünftigen Produktionsvolumen Kapazitätsengpässe der Krananlagen und der Lagerfüllgrade identifiziert werden. Gemeinsam mit dem Kunden erarbeiteten wir Maßnahmen, welche die Termintreue im betrachteten Bereich der Produktion steigern und verknüpften diese mit konkreten Einsparpotenzialen, um den Nutzen und Kosteneffekt zu quantifizieren und für den Kunden bewertbar zu machen.

Das Coillager kann zum Bottleneck in der gesamten Logistikkette werden

Das sind interessante Beispiele für Kundenprojekte, die auch die Bandbreite Ihres Angebots aufzeigen. Haben Sie in Ihren Projekten einen konkreten Beratungsansatz, den Sie verfolgen?

Thomas Hüper:

Wir konzipieren unseren Beratungsansatz stets nach den Kundenbedürfnissen. Ein Standardschema lässt sich aufgrund der Individualität unserer Kunden und der Bandbreite der Themen nicht festlegen. Es lassen sich allerdings vier Grundsätze benennen, die alle Projekte gemeinsam haben und die Basis unserer Philosophie bilden. 
Der erste Grundsatz ist „Best in class“: Wir besetzen jedes unserer Projekte nur mit ausgewiesenen Experten. Mit mehr als 450 Spezialisten innerhalb der SMS group decken wir dabei den gesamten Prozess der Stahlerzeugung ab und können hier speziell auf dediziertes Know how in einzelnen Disziplinen zurückgreifen. Beispielsweise Anlagenbetrieb/Operations, metallurgische Prozessführung, Qualitätsmanagement, Digitalisierung, Intralogistik oder Energieverbrauchsoptimierung.
Der zweite Grundsatz lässt sich mit „Local“ beschreiben: Unser Grundsatz, lokal wann immer möglich impliziert, dass wir stets beim Kunden vor Ort mit ihm gemeinsam an seinen Fragestellungen arbeiten. Egal ob in der Inneren Mongolei, Ägypten oder Brasilien. Wir sind innerhalb kürzester Zeit im Werk, dort wo uns der Kunde braucht. In Zeiten von COVID-19 ist das durchaus eine Herausforderung.

Boris Feige:
Ganz wichtig ist uns auch „Quantify“: Wir verstehen uns in der Beratung nicht als reine Analysten, sondern haben stets den Anspruch konkrete Maßnahmen zur Umsetzung zu definieren. Von besonderer Relevanz ist dabei für die Kunden, unsere Aktivitäten und Maßnahmen zu quantifizieren. So ist es stets das Ziel einen konkreten Effekt der definierten Maßnahmen auf die Gewinn- und Verlustrechnung herzuleiten und so zu belegen. Nur so erreichen wir das notwendige Commitment und der Kunde eine valide Grundlage für entsprechende Umsetzungs- und Investitionsentscheidungen.
Der letzte Grundsatz ist „Execute“: Unsere Beratungsleistung endet nicht mit der Analyse- und Maßnahmendefinition. Wir begleiten unsere Kunden auch bei der Umsetzung. Hier differenzieren wir uns klar von den bekannten Strategieberatungen. Als SMS group können wir notwendige Anpassungen an den Anlagen, der zugehörigen Automatisierung und den Betriebsparametern vornehmen. Darüber hinaus entwickeln und implementieren wir auch digitale Lösungen, um die optimalen Betriebspunkte der Anlagen unserer Kunden sicherzustellen. Uns steht damit der gesamte Werkzeugkasten an Umsetzungsmöglichkeiten zur Verfügung. So bringen wir die Beratungsleistung von der Theorie in die konkrete Umsetzung.

Was planen Sie für die Zukunft?

Boris Feige:
In den letzten drei Jahren konnten wir unser Beratungsangebot weiter ausbauen und zahlreiche Kundenprojekte durchführen. Diesen Wachstumskurs behalten wir bei. Um die steigende Nachfrage zu bedienen, bauen wir weitere Kapazitäten in Märkten wie den USA, China, Indien, Europa und Südamerika auf. Darüber hinaus werden wir unsere Beratungsleistungen zukünftig noch stärker in integrierten Teams zusammenführen. Dazu zählen wir unsere Digitalisierungs-, Instandhaltungs-, Elektrik- und Automatisierungsexperten sowie die gesamte Bandbreite unserer Metallurgen.

Und zum Abschluss: Können Interessenten Sie direkt kontaktieren?

Thomas Hüper:
Natürlich, kontaktieren Sie uns jederzeit. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen und zukünftige gemeinsame Projekte.

Boris Feige:
Wir möchten Ihnen noch ein Video von Frau Prof. Dr.-Ing. Katja Windt, Chief Digitalization Officer der SMS group empfehlen. Dort zeigt Sie neue Wege zur OPEX-Optimierung und Profitabilität durch Digitalisierung auf.