Am 1. März 2023 unterzeichnen SMS group und thyssenKrupp Steel Europe (TKSE) den Vertrag für das größte Dekarbonisierungsprojekts Deutschlands: Am Standort Duisburg bauen wir eine Direktreduktionsanlage in Kombination mit zwei elektrischen Einschmelzern, die eine nahtlose Integration in die bestehende Infrastruktur ermöglichen. Mit diesen neuen Anlagen kann ThyssenKrupp Steel einen seiner Hochöfen ersetzen, die die Hauptquelle für Treibhausgasemissionen bei der Eisenherstellung sind.

Nur fünf Monate zuvor haben wir das Projekt mit dem Stahl-Start-up H2 Green Steel gestartet. SMS group liefert die Technologie für das erste grüne Stahlwerk der Welt, das die CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Stahlwerken um bis zu 95 % reduziert. Die Energieversorgung von H2 Green Steel basiert vollständig auf Wasserstoff und Ökostrom aus erneuerbaren Quellen.

Vertragsunterzeichnung mit TKSE am 1. März mit NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst.
Visualisierung der Direktreduktionsanlage und des OBF bei TKSE
Auf der Grundlage von grünem Strom, grünem Wasserstoff und modernster Technologie wird H2 Green Steel die CO2-Emissionen im Vergleich zur herkömmlichen Stahlerzeugung um bis zu 95 Prozent reduzieren.

Wege zum grünen Stahl

ThyssenKrupp Steel und H2 Green Steel sind zwei Leuchtturmprojekte für die grüne Zukunft des Stahl und wir sind stolz darauf, mit diesen Projekten Vorreiter bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie zu sein. Wir wissen aber auch, dass "grünen" Anlagen und Technologien weltweit flächendeckend eingeführt werden müssen, da allein die Stahlindustrie heute für rund 8% der heutigen globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Die Frage ist, welche Technologien zur Verfügung stehen und wie wir diesen globalen Wandel schnell und gleichzeitig auf eine wirtschaftlich sinnvolle Art erreichen können.  

Ein gemeinsames Merkmal der Projekte von TKSE und H2 Green Steel ist, dass sie auf Direktreduktion setzen. Für die Einführung dieser Technologie als alleinige Lösung gibt es allerdings einige Hürden. Der wichtigste Faktor ist, dass für die Direktreduktion qualitativ hochwertige Eisenerzpellets notwendig sind. Heute werden weniger als 40 Millionen Tonnen dieser Güten auf den Weltmarkt gehandelt. Zweitens benötigt eine CO2-neutrale Stahlherstellung per Direktreduktion riesige Mengen an grünem Wasserstoff und grünem Strom, die aktuell noch nicht zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt sind es auch die eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten und Kapazitäten von Anlagenbauern, die die Einführung der Direktreduktion verlangsamen. Trotz dieser Herausforderungen gehen die Prognosen davon aus, dass die Gesamtkapazität von Direktreduktionsanlagen von heute 117 Millionen Tonnen bis 2050 auf fast 500 Millionen Tonnen ansteigen wird, was etwa 25% der zukünftigen Stahlproduktion entsprechen wird.

Die Elektrostahlproduktion auf Schrottbasis ist der schnellste Weg zur Herstellung von nahezu emissionsfreiem Stahl. Voraussetzung dafür ist "lediglich" der Einsatz von Ökostrom. Limitierender Faktor ist jedoch die Verfügbarkeit von Schrott. Die World Steel Association geht davon aus, dass bis 2050 jährlich insgesamt 1,4 Milliarden Tonnen Schrott zur Verfügung stehen werden. Etwa ein Drittel dieser Menge wird jedoch in der primären Stahlerzeugung eingesetzt werden, so dass eine Gesamtmenge von 850 bis 900 Millionen Tonnen für das direkte Schrottrecycling zu erwarten ist. Dies würde einen Anstieg von heute 23% auf über 35% der gesamten Stahlproduktion bis 2050 bedeuten.

Diese Prognosen zeigen, dass die Hochofenroute in den nächsten drei Jahrzehnten weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird. Im Jahr 2050 werden voraussichtlich fast 40% (ca. 850 Mio. Tonnen) des weltweiten Rohstahls auf konventionellem Wege erzeugt werden. Deshalb ist die Umstellung der Hochöfen auf einen CO2-armen Betrieb eine der wichtigsten Herausforderungen für die Dekarbonisierung der Stahlindustrie.

Unsere Antwort darauf ist der Paul Wurth EASyMelt. Dieser "electrically assisted syngas smelter" kann in bestehende integrierte Stahlwerke integriert werden und stellt einen bedeutenden Weg für die Dekarbonisierung bestehender Hochöfen weltweit dar. Die EASyMelt ist eine ressourcenflexible, krisenfeste und kosteneffiziente Alternative zu Direktreduktionsverfahren und bietet im Vergleich zu dazu deutlich niedrigere Investitions- und Betriebskosten.

Im Juni 2023 unterzeichneten wir eine Vereinbarung mit Tata Steel, um diese bahnbrechende Technologie auf industrieller Ebene voranzutreiben. Durch die Einführung von EASyMelt will Tata Steel die CO2-Emissionen im Vergleich zum Hochofenbetrieb um mehr als 50% senken und stellt damit seine Ambitionen im Bereich der nachhaltigen Stahlproduktion unter Beweis .

Die verschiedenen Wege hin zu "grünem" Stahl hängen von der Verfügbarkeit grüner Energiequellen und Rohstoffe ab.
Direktreduktionsanlage.
Elektro-Lichtbogenofen
Das EASyMelt-Prinzip
Typische CO2-Emissionen der verschiedenen Stahlerzeugungsrouten.

Unser Beitrag zur Kreislaufwirtschaft von Metallen

Eine unserer besonderen Stärken liegt darin, dass wir im Laufe unserer Geschichte nicht nur ein großes Know-how im Bereich der Eisen- und Stahlmetallurgie aufgebaut haben, sondern auch bei Aluminium, Kupfer und andere Nichteisenmetalle. Unser technologischer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Recycling dieser Metalle als Baustein einer Kreislaufwirtschaft. Dieser Begriff beschreibt den Übergang von einem linearen Modell des "Produzieren-Verbrauchen-Entsorgen" zu einem zirkulären System. Metalle eignen sich besonders gut für eine Kreislaufwirtschaft, weil sie extrem langlebig sind, sich leicht reparieren lassen und praktisch unbegrenzt wiederverwertet werden können.

Das Recycling von Kupfer und Nichteisenmetallen ist jedoch eine zunehmend komplexe Aufgabe, da diese Metalle, etwa in Mobiltelefonen, zusammen mit anderen Materialien wie Kunststoffen eine Funktionseinheit innerhalb eines Bauteils bilden. Diese Verbindungen aufzulösen, die Metalle zu separieren und in höchster Reinheit zurückzugewinnen, erfordert unser besonderes metallurgisches Know-how.

Ein Projekt, das diese Fähigkeit unter Beweis stellt, ist die Multi-Metall-Recyclinganlage, die wir derzeit mit Aurubis in den Vereinigten Staaten bauen. Die Anlage wird Elektroschrott aus ausrangierten Platinen oder Kabeln recyceln und Rohstoffe wie Kupfer, Nickel, Zinn, Edelmetalle und Platingruppenmetalle zurückgewinnen. Diese Metalle sind wichtige Basistoffe für die Energiewende, die nachhaltige Mobilität und die Digitalisierung. Ein weiteres Beispiel ist die Technologie zum Recycling von Lithium-Ionen-Batterien, die unser Joint Venture Primobius an Mercedes-Benz liefert. Hier werden in einem hydrometallurgischen Prozess gebrauchte Batterien von E-Autos recycelt und die Metalle für die Produktion neuer Zellen wiederverwendet.

Aurubis-Baustelle im US-Bundesstaat Georgia im September 2023
(Copyright: Aurubis AG)
Der erste Spatenstich für die Mercedes-Benz-Batterierecyclinganlage erfolgte im März 2023.

Unsere Mission: #turningmetalsgreen

Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine Aufgabe für die gesamte Menschheit. Als Anbieter von Anlagen und Technologien zur Herstellung und zum Recycling aller wichtigen Metalle spielen wir eine Schlüsselrolle bei der Umstellung auf eine grüne Metallindustrie. Bei dieser Aufgabe können wir uns auch auf das Fundament stützen, das wir im Laufe unserer Geschichte aufgebaut haben: Wir haben starke Wurzeln, die uns die Kraft und das Know-how geben, die heutigen Herausforderungen zu meistern. Wir sind global aufgestellt, um unsere Anlagen und Services in alle Länder der Welt zu liefern und unsere Lösungen an die lokalen Bedürfnisse anzupassen. Wir verfügen über die Kompetenz, Ideen in die Realität umzusetzen, indem wir unsere Technologie im Zuge von Projekten installieren. Wir verfügen über die Innovationskraft, um die grünen Technologien der Zukunft zu entwickeln. Und schließlich bieten wir die Services an, die unseren Kunden helfen, ihre Performance zu steigern und damit die Mittel zu erwirtschaften, die sie in nachhaltige Lösungen investieren. Deshalb heißt es auch für die Zukunft: Shaping the future of metals!